Donnerstag, 27. Juli 2017

Kapitel 116) Warum haben Bäuerinnen rote Wangen ?


Gestern kam ich um 21:45 Uhr vom Stall rein. Wieso erst so spät?
Nun, wir haben gerade Regenwetterperiode. Es regnet seit ca. 3 Tagen ununterbrochen, mal mehr, mal weniger, mal quer, mal von oben herab. In allen Facetten kommt das Nass auf uns nieder.
Es ist auch gut so, denn es war die letzten Wochen viel zu trocken und heiß.
Die Weide konnte gar nicht mehr richtig nachwachsen.

Ich habe mir also gestern beim Ausmisten so meine Gedanken gemacht. Alleine als Frau (der Mann ziemlich eingespannt im Brotjob) um so eine Uhrzeit wird man nachdenklich 😏 .

Wir sind Stallbetreiber. Seit fast 7 Jahren schaukeln wir unseren "Jac´s Stable" in Eigenregie. Zwei eigene Pferde teilen sich mit zwei Einstellerpferden unser kleines Anwesen. Ich hab mich also gefragt: "Wann ist eigentlich die beste Jahreszeit für die Stallbetreiber?"

Beginnen wir mit dem Winter (Jänner, Februar). Diese Monate sind meist extrem kalt. Man kommt also mit Handschuhen, Winterstiefeln, Haube, warmer Jacke ausgerüstet zur Stallarbeit. In der Stallgasse hat es gerade mal 2 Grad mehr als die Aussentemperatur (gefühlte Minus 20 Grad).


Klirrend kalt. Die Kälte vom Stiel der Alumistgabel kriecht durch die Handschuhe. Der Atem der Pferde macht Wolken, sie dürfen raus aufs Paddock, damit wir die Boxen misten können. Die kluge Natur lässt ihr Winterfell pfluffig ihre Körper ummanteln, ihnen ist nicht kalt. Sie scheinen 100 kg mehr auf den Rippen zu haben, jetzt, im Winter. Dabei ist das alles wirklich, ehrlich, "nur" Winterfell! 😜
Ja, etwas Fettschicht ist auch dabei, das ist aber ebenso natürlich, weil es Schutz gibt und wärmt.

Sind die Pferde im Winter in gemütlicher, energiesparender Manier auf´s Paddock marschiert, können Kurt und ich uns der Stallarbeit widmen. Eingehüllt, arbeitend, schweigend verrichten wir unser Morgenwerk. Es wird auch mit Bewegung nicht wärmer - ganz im Gegenteil - die Kälte kriecht durch die Winterstiefeln bis in die Hände und in den Kopf. Richtig blöd wird´s, wenn man die Selbsttränker von der Eisschicht befreien muss, weil dann hat man auch noch Kontakt mit Wasser.
Ist die Arbeit getan, wünscht man sich ein warmes Vollbad. Dem kann man aber aufgrund von Büroarbeit etc. nicht nachgehen.
Abends wieder ein ähnliches Spiel: Paddock abmisten. Hier ist man dann auch ganz nett Wind und Witterung ausgesetzt. Um die Wangen der Bäuerin (in dem Falle ich) fegt Väterchen Frost und zaubert Farben von rot bis bläulich!
Egal, denn:
Wir lieben Pferde!

Nächste Jahreszeit: der Frühling!
Oh, wunderschön. Da muss es doch endlich mal besser sein.
Nicht so, wenn man Pferde hat. Pferde sind Stoffwechsel-sensible Tiere. Sie brauchen sehr viel spezielle Betreuung. Man kann sie nicht einfach von heute auf morgen auf die saftige Wiese stellen (können schon, ist aber nicht ratsam).
Zuerst wochenlang an der Hand anweiden, in langsamen Schritten. Nicht zu viel Eiweiß, Fruktan auf einmal. Zeit lassen. Und dann mal die wohl gepflegten Koppeln für 1/2 Stunde öffnen.

Jedes Pferd ist anders. Man sollte gut beobachten und achtsam sein. So wird dann natürlich auch jeden Tag (auch im Winter und zu den anderen Jahreszeiten natürlich) geschaut, ob die Beine in Ordnung sind, ob die Pferde klar gehen, ob sie Kreislaufprobleme, Bauchschmerzen (Kolik ?) haben etc.
Manchmal geht man mehrmals täglich Nachschau halten, sammelt zu dieser Jahreszeit auch Kotproben (übrigens auch im Herbst), wegen der selektiven Entwurmung. Die Bäuerin hält nach Mauke Ausschau, setzt Fliegenmasken auf, kontrolliert die Pferde vom Schopf bis zum Huf. Im Frühling ist es auch an der Zeit, das Jahr zu planen: Heu und Einstreu zu bestellen usw. - kurzum: den reibungslosen Ablauf am Hof zu organisieren. Ziemlich zeitaufwändig das alles.
Egal, denn:
Wir lieben Pferde!

Nun, ev. dann im Sommer ?
😂 der liebe Sommer. Mit summenden Bienen, Schmetterlingen, lauen Lüftchen, Lagerfeuerromantik, wunderbaren Temperaturen UND...... Stechviecherzeugs.
Es tummeln sich auch Bremsen, Fliegen, Mücken, Gnitzen in munteren Schwärmen auf Paddock und Stall. Zum Leidwesen der Pferde (und der Stallbetreiber).
Die Bäuerin, vielleicht schon etwas angebräunt vom Frühling, trägt nun hoffentlich Sonnenschutzcreme, Kopfschutz und Mückenschutz. Ansonsten wird sie von der Sonne gebrannt bzw. von den Stechviechern attackiert. Immerhin riecht sie im Stall und am Paddock sehr verlockend nach Schweiß bei der Arbeit. 😄
Die Pferde dürfen nun über Nacht auf die Koppel, die Stechmückenplage wäre reine Zumutung. Bevor sie ins Freie gelassen werden, sprüht die Bäuerin noch alle Pferde kräftig und beherzt mit Fliegenspray ein. Nicht nur die Pferde riechen dann sehr speziell, auch die Bäuerin.
Mit der Ausmistarbeit kann dann eben erst nach 20:00 Uhr begonnen werden. Aber zwischen Tag und Nacht gibt es keinen Zaun, heißt es so schön.

Der Bauer (in dem Falle Kurt) bemüht sich um ordnungsgemäße Weidezäune, mäht die Koppelumrandung mehrmals in der Saison sorgfältig aus, prüft Strom und Baumabgrenzung, mistet die Wege ab, legt Baumstämme, besorgt neue Strombänder. Bei uns am Stall geht alles händisch - wegen fehlender landwirtschaftlicher Geräte! Und im Sommer, bei über 30 Grad, ist das eher nicht so witzig.


Manchmal gönnt man den Pferden auch eine Abkühlung mit dem Wassersprenkler. Ist aber oft kontraproduktiv, weil das erst wieder die Stechmücken anlockt.

Auch wird im Sommer Stall geputzt. Der Bauer liebt Genauigkeit (ja, ich geb´s zu - die Bäuerin auch). So wird ein perfekter, leistungsstarker Staubsauger besorgt, mit dem
Man(N), hoch oben auf der Leiter stehend, alle Balken, Ritzen, Aufstallung .... absaugen kann. Die Bäuerin kümmert sich um Tröge, Tränker, Fenster, Windschutznetze und schwitzt, was das Zeug hält. Auch wird das Reiterstüberl wieder mal gründlich durchgeputzt.
EMA (= effektive Mikroorganismen) werden schon im Frühjahr bestellt und mehrmals die Woche wird Stall damit ausgesprüht, um ein gutes Stallklima zu gewährleisten.
Manchmal beißen auch Bremsen und Stallfliegen in Waden und Arme.
Egal, denn:
Wir lieben Pferde!

Wie wäre es mit dem Herbst ?
Ähnliches Problem wie im Frühling. Sind die Nächte schon zu kühl (unter +10 Grad), soll man die Pferde lieber nicht auf das von der Sonne angeschienene Gras lassen. Schon gar nicht, wenn das Gras (wie ja meist um diese Jahreszeit) schon sehr kurz und abgefressen / gestresst ist.
Hufrehe und Stoffwechselentgleisungen können die Folge sein. Die Pferde werden wieder umgestellt auf Tagweidegang. Aber auch nur, wenn die Bedingungen passen. Die Bäuerin nimmt es da auch wieder sehr genau.
Im Herbst / Spätsommer kommt dann auch die Heulieferung des aktuellen Jahres. Wobei Heulieferungen bei uns ja immer regelmäßig kommen. Dann heißt es wieder Arbeitseinsatz - Heuballen (Kleinballen bis max. 15 kg / Stück) schleppen -  stärkt die Muskulatur, hält fit.
Doch für die Pferde bedeutet das wieder "Futterumstellung" - was auch wieder nicht alle ganz so easy vertragen. Auch hier ist wieder Vorsicht geboten.
An manch warmen Herbsttagen tummeln sich noch etliche Fliegen, Gelsen. Dann bekommen die Pferde wieder ihre Fliegenmasken. Sollte es regnen und windig sein, legen wir den Pferden eine Regendecke auf.


Man merkt es ihnen an - der Fellwechsel ist in vollem Gange und sie brauchen Energie. Die Fütterung muss angepasst werden.
Die Bäuerin befasst sich ausführlich mit dem Thema Heuanalyse und Winterfütterung. Der Bauer macht "winterfest", räumt Dachrinnen aus, recht das Laub auf den Wegen und Wiesen. Bei ersten Schneefällen werden natürlich händisch Paddock und die Einfahrten / Zufahrten geräumt, mit der Schneeschaufel (im Winter ebenso, hab ich vergessen) 😊.

Es ist sehr, sehr schön bei uns. Das Leben hier macht täglich sehr viel Freude. Und das ist einfach unsere Einstellung, wir wollen unserer Philosophie treu bleiben: in Haltung, Fütterung, Training, Ausbildung und im Umgang mit dem wunderbaren Lebewesen Pferd.

Aber manchmal - an Tagen wie gestern, wenn ich bis 21:45 Uhr im Stall stehe, damit die Pferde frisch eingestreute Boxen haben und sie ihre Beine beim Regenwetter doch noch am Paddock vertreten konnten - an solchen Tagen ist es ein klein wenig mühsam.

Wann ist also die beste Jahreszeit für (Pferde)Stallbetreiber ?

Vielleicht will mir jemand unten kommentieren und einen Vorschlag schicken? Ich weiß es nämlich nicht. 😃
Im Grunde genommen ist es aber egal.

Wir lieben Pferde und wir lieben diese Arbeit bei den Pferden!



Ganz toll finden wir, dass wir uns auf unsere Töchter und EinstellerInnen / Freundinnen verlassen können. Möchten wir mal für 1 oder 2 Tage weg fahren, sind die Pferde in besten Händen. Denn Pferde brauchen sehr viel Zeit – in Betreuung und Versorgung bzw. auch die Sauberkeit in Boxen und Paddock etc. ist uns sehr wichtig.

Ein Dankeschön an dieser Stelle an alle Helfer.


Und wieso haben Bäuerinnen nun rote Wangen ?



Meine Kosmetikerin hat mir gesagt, das sei Couperose. Dies ist eine Rötung im Bereich der Wangen und der Nase durch Weitung der Äderchen aufgrund von vermehrt und abwechselnd Hitze / Kälte, Wind,  UV-Strahlung.
Jetzt wissen wir auch, wieso so viele Bäuerinnen früher rote Wangen hatten.
Heutzutage heißt das ganz vornehm Couperose. So ein nobles Wort passt auch besser in einen Pferdestall, wie ich finde. 😊


P.S.: Die Bäuerin hat ja ihren eigenen Blog - da hat sie mal einen Artikel über "Die Grundbedürfnisse der Pferde" geschrieben. Siehe Link:












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